Während meines Lehramtstudiums entdeckte ich zufällig meine Leidenschaft für einen Teilbereich der Germanistik: die Phonetik. Diese vertiefte ich im Zusatzstudium der Sprechwissenschaft, sodass ich in Theorie und Praxis Erfahrungen in der (mündlichen) Kommunikation sammelte.
Zufällig kreuzten sich die Wege meines Doktorvaters und mir, sodass mein Studium des Sprechens sich in der Promotion fortsetzte. Während dieser Zeit durfte ich in der Lehrerbildung als Sprecherzieherin und Rhetorikdozentin tätig werden. Dabei sah ich es als Chance an, eine Schnittstelle zwischen beiden Professionen - dem Lehren und dem Sprechen - zu schaffen.
Zufällig wurde ich auf die docemus Privatschulen aufmerksam, die in ihrem humanistischen Bildungskonzept unter anderem das Fach Rhetorik anbieten. Hier konnte ich mein Wissen und meine gesammelten Erfahrungen umfassend einbringen, indem ich bei der Lehrplankonzeption für das Fach Rhetorik mithalf, Unterrichtsmaterialien konzipierte und ausprobierte sowie letztendlich die Gelegenheit bekam, diese als das vorliegende Lehrbuch mit Arbeitsheften im Polymathes Verlag zu veröffentlichen. Eine Handreichung für Lehrerinnen und Lehrer ist ebenso entstanden, die derzeit im Druck ist.

Der Begriff Rhetorik hat im Vergleich zur Antike eine enorme Erweiterung erfahren. Er meint nicht mehr nur die Übersetzung aus dem Griechischen als Kunst der Rede, sondern ebenso das verständliche Vermitteln von Informationen und die Fähigkeit, sich angemessen mündlich mit anderen zu verständigen. Die Auseinandersetzung mit den Grundlagen der Kommunikation, den Bedingungen des Vortragens und des Gesprächs sowie der Argumentation ist demnach unababdingbar.
Rhetorik ist allen Fächern und Inhalten immanent, wenn sie als mehr das Sprechen allein verstanden wird. Sie ist auch Lesen und Zuhören, um Informationen zu erhalten. Sie ist ebenso Schreiben, um die Gedanken zu ordnen und zu reflektieren. Summa summarum wird im Fach Rhetorik die allgemeine Sprachkompetenz gefördert, zu der die Medienkompetenz hinzu tritt, mit der die Entnahme und Bewertung von Informationen aus Medien aber auch das Gestalten von beispielsweise Visualisierungen fokussiert wird.
Die Förderung der Sprachkompetenz wird in Tradition des 18. und 19. Jahrhunderts heute allein dem Deutschunterricht zugeschrieben, weshalb die Kultusministerkonferenz in den Bildungsstandards für das Fach Deutsch für den Mittleren Schulabschluss und das Abitur Kompetenzen im Bereich Sprechen und Zuhören auswies.
Damit wird deutlich, dass die Rhetorik nicht verschwunden ist, wohl aber bisher ein Schattendasein in den Lehrplänen des Deutschunterrichtes fristete. Dieser Fakt schlug sich auf die Situation der Lehr- und Lernmittel nieder: Einzelne kleine Kapitel in Lehrbüchern, welche die Schülerinnen und Schüler wieder abgeben oder aber Materialien für Studierende stellt die Lehrenden vor Fragen und Probleme: Was können meine Schüler können? Welche Inhalte sind geeignet?
Daher verfasste ich Lehrpläne für die Sekundarstufe I und II, welche genehmigt wurden und an den Docemus Privatschulen umgesetzt werden. Daraus ergab sich die Notwendigkeit der Lehr- und Lernmittel, die nun in Form dieses Lehrbuches Rhetorica docens und der beiden dazugehörigen Arbeitshefte Rhetorica utens 1 und 2 vorliegen.
Das Unterrichtsfach Rhetorik und damit die Lehrwerke der Reihe Rhetorica wollen auf der Ebene der Schüler einen Überblick über alle wichtigen Bereiche der mündlichen Kommunikation geben, mit wissenschaftlichem Anspruch, aber ohne Überforderung durch Überfrachtung mit Detailwissen. Ziel ist es, dass die Lernenden sicher und angemessen in Vortrags- und Gesprächssituationen auftreten sowie durch die Auseinandersetzung mit der Theorie der mündlichen Kommunikation und historischen Rednern eigenes und fremdes Sprechen reflektieren können.
Auch wenn man zugeben muss, dass es eine schöne Utopie ist, dieses Fach in allen Schulen einzuführen, lässt sich weder über die Bedeutsamkeit der Kommunikationsfähigkeit in der Gesellschaft noch über die Forderung der Kultusministerkonferenz streiten. Daher kann das Material zum Rhetorikunterricht selbstverständlich im Deutschunterricht oder in Form von Projekten Anwendung finden.

Rhetorica docens

Rhetorica docens. Lehrbuch für Rhetorik

Das Lehrbuch Rhetorica docens zusammen mit den Arbeitsheften Rhetorica utens sind auf die Anforderungen des Lehrplans der Sekundarstufe I angepasst. Ihre Namensgebung entspricht der antiken Teilung der Rhetorik in die Belehrung (docens) und Übung/Anwendung (utens).
Das Lehrbuch Rhetorica docens dient als Schulbuch, nicht als Schülerbuch oder Instruktion für den Schüler. Vielmehr ist es ein Wissensspeicher für Lehrende und Lernende. Da bisher kaum Rhetorik-Materialien für die Schule veröffentlicht wurden, sondern immer die Fachwissenschaft oder Studierende die Adressaten waren, fand hier eine Auswahl und Aufbereitung der fachwissenschaftlichen Inhalte für die Schule statt. Der Aufbau richtet sich nach den Lernbereichen des Lehrplans.
Der Bereich Sprechen und Zuhören hat selbstverständlich Platz in den Deutsch-Schulbüchern. Doch diese erhalten die Schüler meist nicht für immer, sondern als Leihgabe. Das Wissen und möglicherweise Personalisierungen durch Anmerkungen etc. sind damit verloren. Diese Funktion können die Schüler in Rhetorica docens mit Hilfe der Randspalte übernehmen, wenn sie das Buch besitzen. Hier können Kommentare, Ergänzungen und Fragen notiert werden.
Wenn Sie einen Blick in das Lehrbuch werfen, wird ihnen auffallen, dass es an Arbeitsaufträgen oder Beispielen fehlt. Diese Übungsangebote werden durch die Arbeitshefte hergestellt. Die Handreichung enthält außerdem fachwissenschaftliche und -didaktische Anmerkungen sowie Materialien zur Differenzierung.
Rhetorica docens

Rhetorica utens. Arbeitshefte 1 und 2

Es ist das eine zu wissen, wie es theoretisch geht, wenn man das Lehrbuch Rhetorica docens studiert. Man muss das Erlernte jedoch darüber hinaus anwenden, Fehler dabei machen und Bestätigung bekommen. Erst dann ist man in der Lage, von sich zu behaupten, dass man etwas kann. Dazu dienen die beiden Arbeitshefte Rhetorica utens.
Alle beiden Teile sind aufeinander abgestimmt, wobei man sie auch einzeln verwenden könnte. Doch dann fehlt der Theorie die praktische Anwendung oder der Praxis der theoretische Hintergrund.
Die Arbeitshefte Rhetorica utens dienen der Anwendung des Wissens. Die Übungen verweisen zum Teil auf das Theoriewissen aus dem Lehrbuch und sind diesem vom Aufbau her angepasst. Die Lösungen für die Arbeitshefte können im Internet der Verlagsseite entnommen werden. Somit sind sie auch für ein Selbststudium geeignet.
Rhetorik-Handreichung

Rhetorik-Handreichung

Die Handreichung ist als Unterstützung für die Lehrenden gedacht. Sie teilt sich in fünf Bereiche auf: Grundlagen der Kommunikation; Argumentieren; Vortragen; Miteinander sprechen; Redekunst.
Diese fünf Bereiche lehnen sich an die Lehrpläne und Lehrbücher an. Allein das Kapitel Redekunst ist herausgenommen. Jeder Bereich ist ähnlich aufgebaut:
I) Aufbau und Ziele der Stoffsequenz
Zunächst wird der Aufbau sowie der innere Zusammenhalt der einzelnen Themen der Stoffsequenz kurz vorgestellt.
II) Stundenblätter
Die Stundenblätter empfehlen ein Vorgehen für das Unterrichten. Hier wird nicht von Stunden oder Unterrichtseinheiten gesprochen, sondern von Schritten, da je nach Lerngruppe bei dem ein oder anderen Schritt mehr Zeit benötigt wird.
III) Materialien
In der vorliegenden Handreichung werden neben methodisch-didaktischen Empfehlungen ebenso weitere Arbeitsmittel (z. B. Arbeitsblätter) zur Verfügung gestellt, damit die Lehrenden je nach Lerngruppe und zeitlichen Kapazitäten weiter differenzieren können.
IV) Vorschlag für Lernerfolgskontrollen
Lernerfolgskontrollen eigenen sich an vielen Stellen, um die Entwicklung der Schüler zu prüfen und ggf. weitere Übungen anzuschließen. Selbstverständlich können auch Zensuren generiert werden. Daher wird zumeist darauf geachtet, alle drei Anforderungsbereiche in diese Lernerfolgskontrollen einzubeziehen. Außerdem werden Beobachtungs- und Bewertungsbögen für mündliche und sonstige Leistungen (z. B. Gestaltung von Handouts und Beamerpräsentationen) vorgeschlagen.
Lehrplan Rhetorik

Lehrpläne des Faches Rhetorik für die Sekundarstufen I und II

In den Lehrplänen wurden Inhalte der Sprechwissenschaft in Bezug auf den Kompeteznbereich Sprechen und Zuhören ausgewählt und einzelnen Klassenstufen (7-12) zugewiesen. Ausschlaggebend waren zum einen lern- und entwicklungspsychologische Aspekte und zum anderen fachwissenschaftliche Überlegungen. Auch der praktischen Umsetzung im Unterricht wurde deutlich, dass das Prinzip des Spiralcurriculums optimal ist: Die rhetorischen Inhalte werden auf die Schuljahre in drei Lernbereichen verteilt und die Wiederholung eingeplant: Beim Vortragen beispielsweise wird zunächst auf Erarbeitung, Gliederung und die Vortragsweise der Fokus gelegt. Im nächsten Schuljahr werden diese Fähigkeiten wiederholt und mit dem Wissen und Training der Computergestützten Präsentation erweitert. Anschließend erfahren die Schülerinnen und Schüler den Einsatz von Handouts, bevor sie sich im nächsten Schritt mit dem Verständlichen Sprechen und Formulieren auseinandersetzen.

Veröffentlichungen

  • Benkenstein, Ramona (2012): Rhetorik als Schulfach. Eine in der Praxis erprobte Konzeption in Form von Lehrplänen und Lehrwerken, in: sprechen. Zeitschrift für Sprechwissenschaft Sprechpädagogik - Sprechtherapie - Sprechkunst, Heft 53 (29. Jahrgang), S. 4-10.
  • Benkenstein, Ramona (2011): Rhetorica docens. Lehrbuch für Rhetorik, Leipzig.
  • Benkenstein, Ramona (2011): Rhetorica utens I und II. Arbeitshefte für Rhetorik, Leipzig.
  • Benkenstein, Ramona (2010): Rhetorik Sek II. Lehrplan, Leipzig.
  • Benkenstein, Ramona & Fischer, Anemone (2010): Rhetorik Sek I. Lehrplan, Leipzig.